Damit das Essen mit Kindern für alle Beteiligten wirklich eine nette Angelegenheit wird, sollte es nicht einfach als Programmpunkt abgehakt werden.
- Lasst euch Zeit.
- Plaudert miteinander, mit den Kindern. Man lacht, plant, was man nach dem Essen zusammen macht.
- Du kannst von Kindern ein achtsames Essen verlangen (wenn du es selbst vorlebst) ― aber dehn die Mahlzeit nicht ewig aus, nur weil du die Familienatmosphäre oder das Gespräch mit deinem Partner genießt!
Beobachte eine Woche lang, nach welcher Zeitspanne dein Kind sich beim besten Willen nicht mehr konzentrieren kann, und hab dann Erbarmen. Es darf aufstehen und spielen.
Manche Kinder gehen dann gern in ihr Zimmer. Andere empfinden es als Strafe, wenn das die einzige andere Option ist und flezen sich dann doch lieber weiter am Tisch herum. Entweder du verlegst deine Kaffeetasse und den Plausch mit dem Partner (oder dein Zeitungslesen etc.) in ein Zimmer, das auch Spielzimmer ist, wie das Wohnzimmer. Oder du funktionierst den Essbereich zu einem Mehrzweckbereich um.
Was mach ich bloß mit einem Zappelphilipp?
Es gibt ein schönes Buch von Steven James und David Thomas (“Wild Things. The Art of Nurturing Boys” – leider bisher nur auf englisch), in dem die Autoren anschaulich schildern, dass Jungen in bestimmten Aspekten von Geburt an anders “ticken” als Mädchen.
Ein Punkt ist das Still-Sitzen. Mich hat das ewige Herumrantern meines Sohnes beim Vorlesen oder bei Tisch irritiert. Ich habe es als Marotte oder schlechtes Benehmen gewertet; als den Wunsch, ganz wo anders zu sein (nämlich herumzutoben).
Stattdessen ist es laut James und Thomas ein “Trick” der Natur, damit männliche Menschen (also Jungen genauso wie erwachsene Männer) beim “Denken” nicht einschlafen. Klingt jetzt blöd, aber probiert’s mal aus: Kleine Wippelbewegungen eines Sohnes unterm Tisch sind okay. Und wenn er eher mit Essen fertig ist, darf er am Tisch etwas basteln, Lego bauen, malen. Wenn es nicht eine Tätigkeit ist, die seine volle Konzentration fordert, kann dein Sohn sich sogar besser unterhalten, während er etwas Motorisches tut, als wenn er sich “nur” unterhalten soll. Das ist auch der Grund, warum sich viele Männer ausdauernder unterhalten können, während sie Autofahren oder mit dem Hund durch den Wald pirschen.
Missgeschicke ignorieren
Leider geht die Entdeckung des eigenen Willens Hand in Hand mit immer selbständigerem Essen. Während also die positive Aufmerksamkeit von Mama oder Papa schwindet, die noch Monate vorher jeden Löffel Brei freudig begleitet haben, entdeckt das Kind: “Ich kann Sachen anders machen als Mama und Papa.”
Die ersten Zusammenstöße Kinderwillen vs. Mama- bzw. Papawillen geschehen noch unabsichtlich. Aber je nach Reaktion der Eltern kapiert das Kind: Bei Tisch kriege ich ganz schnell wieder Aufmerksamkeit ― wenn ich mich anstelle, wippele, kleckere, herummäkele, … Der Reigen möglichen Fehlverhaltens bietet Kindern ein endloses Büfett. Da kommst du mit Ermahnen und Gardinenpredigten gar nicht hinterher.
Viel besser: Gesittetes Essverhalten mit gesunden Nahrungsmitteln vorleben ― und dem Kind positive Aufmerksamkeit geben, wenn es gut isst, sich super benimmt, dir etwas aus dem Kindergarten oder einen schrecklichen Witz erzählt.
Krawall-Verhalten stoisch ignorieren. Je mehr du allem Gemäkel, Sonderwünschen, vermeidbaren Unfällen Aufmerksamkeit schenkst und herumdiskutierst, desto schlimmer wird’s.
Unfälle wird’s übrigens immer geben ― gewöhn dich an die dicke Rolle Küchenkrepp auf dem Tisch oder einen stets bereitstehenden Stapel an Stoffservietten. Passiert ein Missgeschick, bekommt das Kind Küchenpapierstücke oder je eine Serviette in jede Hand gedrückt und darf den Unfall selbst beseitigen. Kommentar/Kritik Ende.
Wenn ein Unfall nicht den ganzen Tisch in Wallung bringt, passieren bald wirklich nur noch unprovozierte, echte Missgeschicke. Und die gehören dazu. Da darf man auch nicht völlig entnervt herumzetern.
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